Der Vorsitzende der ärztlichen Friedensorganisation IPPNW Matthias Jochheim erklärt zum Anti-Kriegstag am 1. September 2011:
Das Nein der Bundesregierung zur Teilnahme am Krieg gegen Libyen haben wir begrüßt. Der Krieg der NATO zielte von Anfang an auf den Sturz des libyschen Machthabers Gaddafi. Statt dem „Schutz der Zivilbevölkerung“ standen wirtschaftliche und strategische Ziele im Vordergrund. Jahrelang haben Deutschland und andere europäische Staaten mit dem autoritären Regime zusammen gearbeitet und Waffen geliefert. Wie die Stuttgarter Nachrichten heute berichten, wurden in Gaddafis Waffenarsenalen G36-Gewehre aus deutscher Produktion entdeckt. Wir fordern die Bundesregierung zu einer Erklärung auf, wie die Heckler & Koch-Waffen nach Libyen gelangt sind.
Die langfristigen Folgen der Parteinahme der NATO zugunsten der Rebellen in Libyen sind noch gar nicht absehbar. Krieg geht immer mit schweren Menschenrechtsverletzungen einher: viele Zivilisten sind den Bombenangriffen der NATO zum Opfer gefallen. Häuser, Schulen, Versorgungszentren, Krankenhäuser, Rundfunkstationen und andere Infrastruktureinrichtungen wurden zerstört. Die humanitäre Lage in Tripolis ist dramatisch.
Diktaturen und autoritäre Regime, die Menschenrechte mit Füßen treten, zählen auch weiterhin zu den Empfängern deutscher Rüstungsgüter. Einer der größten Abnehmer deutscher Waffenlieferungen ist der NATO-Partner Türkei. Ungeachtet des brutalen Vorgehens der türkischen Militärs in den kurdischen Gebieten genehmigte Deutschland in den Jahren 2006, 2007 und 2008 Rüstungsexporte in Höhe von 500 Millionen Euro dorthin. Im Jahr 2009 lieferte die Bundesregierung Leopard-Panzer im Wert von 12,95 Millionen Euro. ThyssenKrupp Marine Systems beabsichtigt laut Pressemitteilung vom Anfang Juli die Lieferung von sechs U-Boot-Materialpakete vom Typ U 214 im Wert von 2 Milliarden Euro an die Türkei – wohl kaum ein Beitrag für Frieden und Entspannung im Mittelmeerraum. „IPPNW: Kein Frieden mit Krieg und Gewalt – 72 Jahre nach Beginn des Zweiten Weltkriegs“ weiterlesen